Ayurveda, was übersetzt so viel heißt wie das Wissen beziehungsweise die Weisheit vom Leben, ist in unseren Breiten ein Verkaufsschlager. Dabei handelt es sich bei dem, was oft in einem Atemzug mit Detox und Beauty genannt wird, gerade nicht um einen modernen Wellnesstrend. Die traditionelle indische Heilkunst gilt als ältestes Gesundheitssystem der Welt.

Ayurveda heißt: "Das Wissen vom Leben". Diese traditionelle indische Medizin wird auch von der WHO anerkannt. In Südasien wird Ayurveda seit 3000 Jahren eingesetzt.


Im Ayurveda gibt es drei „Doshas“, Regelsysteme beziehungsweise Kräfte, die in einem für jeden Menschen eigenen Gleichgewicht stehen sollen:

  • Vata steuert das Nervensystem, die Atmung und sämtliche Bewegungsabläufe im Körper.
  • Pitta regelt Stoffwechsel und Verdauung.
  • Kapha steht für Ruhe, Ausdauer und Immunkraft. Jeder Mensch verfügt über eine individuelle Zusammensetzung der drei Doshas, wobei oft ein oder zwei Doshas vorherrschen.

Gerät diese individuelle Dosha-Kombination aus der Balance, entwickeln sich Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten. Welche das sind, hängt davon ab, welches Dosha gestört ist.

Die Gründe können vielfältig sein - sie reichen von falscher Ernährung und einem ungesunden Lebensstil bis hin zu psychischen Herausforderungen.

Ein Mensch ist gesund, wenn er im Gleichgewicht mit sich und seiner Natur ist. Und das Ziel des Ayurveda ist es, diese Harmonie zu erhalten oder eben wiederherzustellen.

Ayurveda verspricht uns ein langes, gesundes und glückliches Leben.

Ist das jetzt zu viel versprochen, zu kompliziert und zeitaufwändig?

Ich möchte heute ein wenig mit den häufigsten Vorurteilen aufräumen.

1. "Ayurveda kommt doch aus Indien und passt gar nicht zu unserem Kulturkreis."

Es stimmt, Ayurveda stammt vom indischen Subkontinent.

Dennoch ist es eine universelle Methode, den Menschen in seiner Gesamtheit zu betrachten und berücksichtigt dabei auch immer die jeweiligen klimatischen und kulturellen Gegebenheiten.

Es kommt darauf an, dass Du die äußeren Gegebenheiten erkennen kannst, die für Deine jetzige Situation wichtig sind. Dazu gehören die Jahres- und Tageszeiten genauso wie Dein derzeitiger Lebensabschnitt.

2. „Ayurveda ist doch nur was für Menschen mit viel Zeit.“

Nein, das stimmt nicht. Ayurveda klärt Dich einfach nur darüber auf, welche Nahrungsmittel und Lebensweise Dir schaden und welche Dir und Deiner Gesundheit sehr zuträglich sind. Wie immer entscheidest Du selbst, wieviel Zeit Du mit der morgendlichen Selbstfürsorge oder in der Küche verbringen möchtest.
Hier gilt: Jede Tat für Deine ganzheitliche Gesundheit ist ein Schritt mehr Gesundheit und Resilienz, jede unterlassene Tat kannst Du nachholen.

3. „Wenn ich mich für eine ayurvedische Lebensweise entscheide, darf ich nie wieder Alkohol und Kaffee trinken. Und wenn ich rauche macht es sowieso keinen Sinn damit anzufangen.“

Falsch, denn Ayurveda hilft Dir dabei, Deine Verdauungsleistung zu steigern und den Organen sich schneller von Stoffwechselgiften zu befreien.
Natürlich darfst Du weiterhin in Maßen Kaffee trinken und gibst vielleicht einfach eine Prise gemahlenen Kardamom hinzu, um den Kaffee für Deinen Magen bekömmlicher zu machen.
Selbst Alkohol ist gestattet, sofern er nicht zu einer schadenden Gewohnheit geworden ist und Du auch hier wieder nicht zu maßlos wirst.

4. „Ayurvedisches Essen ist vegan oder vegetarisch und ich möchte nicht auf Fleischkonsum verzichten.“

In der ayurvedischen Ernährungslehre wird sogar mitunter in ausgezehrten Zuständen sogar Fleisch oder Knochenbrühe empfohlen. Damit wird nach ayurvedischer Auffassung einem Kollagenmangel und einem erhöhten Zustand von Vata vorgebeugt.

Wer sich jedoch mental und auch physisch rein halten möchte, sollte den Fleischkonsum auf 1-2 mal in der Woche beschränken und eine gute biologische Qualität wählen.
Leichter verwertbar ist helles Fleisch wie Huhn oder Fisch, welches gut gegart sein sollte. Es gibt darüber hinaus so viele gesunde ayurvedische Rezepte, dass es meist gar nicht notwendig ist, Fleisch zu konsumieren.

5. „Ayurveda wächst doch auch auf meinem Balkon, die kenn’ ich."

Stimmt, Aloe vera ist eine ganz tolle Heilpflanze, die im Ayurveda unter dem Namen Kumari bekannt ist und insbesondere bei stark ausgeprägten Pitta Zuständen und zur Regulation des weiblichen Hormonhaushaltes gut geeignet ist.

6. Ayurveda ist eher eine spirituelle Philosophie denn Wissenschaft

Wissenschaft ist definiert als "ein systematisches Vorgehen, mit dem Wissen (nach der Erstellung von Thesen und Theorien) gesammelt, organisiert und wieder weitergegeben wird, wobei dieses Wissen natürlich erst dann als Wissen gilt, wenn es mit wiederholbaren Wirkungen belegt werden konnte und somit jederzeit nachprüfbar ist."

Wider Erwarten entspricht Ayurveda dieser Definition in allen Bereichen vollumfänglich:

In der Theorie wurde zunächst ein komplexes System nicht veränderlicher universeller Gesetze in Bezug auf die Handlungsweise (Karma), die Eigenschaften (Guna), die Substanzen (Dravya) und das Gleichgewicht (Samanya und Vishesha) ausgearbeitet.

Wenn diesem System entsprechend vorgegangen wird und wenn diese Gesetze angewendet werden, können vorhersehbare und wiederholbare Ergebnisse in der Behandlung von Krankheiten erzielt werden.

Leider betonen viele Heilpraktiker oder ayurvedische Therapeuten den Aspekt der spirituellen Grundlagen, von denen die Theorien des Ayurveda abgeleitet sind, viel zu stark. Dadurch glauben sehr viele Menschen, dass das System nicht wissenschaftlich sei.

Wenn es zudem noch als "komplementäre" Anwendung angesehen wird und den Strukturen der Schulmedizin angepasst wird, geht die Möglichkeit verloren, Ayurveda als eine eigenständige Wissenschaft zu verstehen.

7. Ayurveda wirkt nicht sofort

Die Zeit, die für die Behandlung einer Krankheit benötigt wird, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dabei spielen insbesondere die bisherige Dauer, die Schwere der Krankheit und natürlich die Konstitution und der Zustand des Patienten eine ausschlaggebende Rolle.

Bei akuten Krankheiten wie Fieber, Husten und Erkältungen, aber auch bei anderen Krankheiten, die schon im Anfangsstadium korrekt nach den Richtlinien des Ayurveda behandelt werden, entfaltet die indische Heilkunst ihre Wirkung schnell und dauerhaft.

Im Gegensatz zur Schulmedizin, die meist nur Symptome unterdrückt und den Menschen eher arbeitsfähig, nicht aber gesund macht, heilt Ayurveda nicht nur, sondern stärkt auch den allgemeinen Gesundheitszustand des Menschen tief und nachhaltig.

Gewöhnliche Beschwerden können mit Ayurveda normalerweise sogar innerhalb von 24 Stunden unter Kontrolle gebracht werden, wenn alle Massnahmen der Behandlung durchgeführt und alle Anweisungen des ayurvedischen Arztes umgesetzt werden.

Für lang andauernde Krankheiten kann eine vollständige Ayurveda-Behandlung jedoch auch Wochen oder Monate andauern. Dabei werden strikt einzuhaltende Kombinationen aus ayurvedischer Ernährung, ayurvedischer Lebensweise und ayurvedischer Medizin angewendet, um den Körper wieder zurück in seinen gesunden Ausgangszustand zu bringen.

Wenn man bedenkt, dass die meisten lang andauernden Krankheiten schon Jahre oder Jahrzehnte im Körper schlummern, bevor sie tatsächlich in Erscheinung treten, klingt der genannte Behandlungszeitraum keineswegs unangemessen.

Auch sollte man in diesem Zusammenhang berücksichtigen, dass die Schulmedizin viele chronische Krankheiten überhaupt nicht heilen kann. Stattdessen versucht sie, diese medikamentös einigermassen ruhig zu stellen (oft ein Leben lang) – was jedoch in den seltensten Fällen gelingt und dabei sogar noch Nebenwirkungen mit sich bringt, die den Patienten zusätzlich belasten.

8. Ayurveda hat keine Nebenwirkungen

Was wirkt, hat auch Nebenwirkungen; fehlen Nebenwirkungen, so fehlt auch die Wirkung. So lautet eine beliebte Aussage des westlichen Medizinsystems.

Und diese trifft erstaunlicherweise auch auf Ayurveda zu. Ayurvedische Anwendungen wirken nämlich nicht nur, sondern können auch Nebenwirkungen haben. Darunter sind sehr viele positive Nebenwirkungen. Doch können es auch Nebenwirkungen sein, die nicht immer nur angenehm sind.

Die Nebenwirkungen von Panchakarma beispielsweise, einer ayurvedischen Methode zur inneren Reinigung und Entgiftung des Körpers, können stark sein, plötzlich auftreten und sogar lebensbedrohlich sein.

Daher muss Panchakarma mit Sorgfalt und auf die klassische Art unter professioneller Anleitung angewendet werden. Auf diese Weise können mögliche Nebenwirkungen vollständig gemieden werden. Treten geringe Nebenwirkungen auf, kann diesen mit der Erfahrung des Therapeuten erfolgreich entgegen gewirkt werden.

Doch muss es nicht einmal eine extreme Methode wie Panchakarma sein. Selbst mit einfachen Behandlungsmethoden der ayurvedischen Medizin und Ernährung können leichte Nebenwirkungen auftreten – nämlich dann, wenn tief sitzende Gifte plötzlich im Körper mobilisiert werden und an die Oberfläche drängen, oder auch, wenn die Kraft der Medizin (Virya) sich nicht mit der Verfassung des Patienten (Prakriti) verträgt.

9. Erst die Schulmedizin, dann Ayurveda!

Leider werden viele Krankheiten durch die typische rein symptomatische schulmedizinische Behandlung früher oder später cronisch.

Die Wirkung mancher Medikamente, die über viele Jahre hinweg eingenommen werden (wie beispielsweise Steroide), verschleiert die eigentlichen Symptome der Krankheit, verändert den Stoffwechsel des Körpers und stört die natürlichen Schutzmechanismen des Körpers.

Irgendwann treten immer mehr Nebenwirkungen der schulmedizinischen Arzneimittel auf den Plan. Eine Krankheit jagt die nächste. Oft wirken die Arzneimittel nicht mehr und der inzwischen chronisch kranke Patient wird mit dem wenig erbaulichen Begriff "austherapiert" und den Worten "damit müssen Sie jetzt leben" verabschiedet.

Jetzt begibt er sich auf die Suche nach Alternativen. Eine naturheilkundliche Behandlung jedoch wird in solch einem Zustand zur echten Herausforderung. Der Patient muss zu vollem Engagement und konsequenter Mitarbeit bereit sein. Er muss seine Ernährung und Lebensweise vollständig umzustellen. Das aber ist in chronisch kranker Verfassung deutlich schwieriger als es am Anfang der Krankheit in deren Akutphase gewesen wäre.

Auch sinken die Heilchancen umso mehr, je länger man sich mit allopathischen Medikamenten immer kränker machen lässt – ohne sich darauf zu besinnen, was der eigene Körper in Wirklichkeit benötigt, nämlich eine gründliche Entgiftung, eine effektive Darmreimigung, Bewegung, Sonnenlicht sowie eine rundum gesunde Nahrung.

Wenn die ayurvedische Heilkunst nun als erste Behandlungsmethode gewählt würde, könnten exzellente Ergebnisse erzielt werden. Die ayurvedischen Behandlungen, die ayurvedischen Medikamente und die typorientierte ayurvedische Ernährung minimieren die Belastung des Körpers mit Giftstoffen und maximieren die Ausleitung derselben.

Alle diese Ayurveda-Massnahmen löschen gemeinsam mit einer Änderung der Geisteshaltung die Krankheit nicht nur in ihrem Ursprung aus. Sie hinterlassen letztendlich auch einen insgesamt kräftigen und abwehrstarken Menschen.

Ayurveda verändert definitiv Körper und Geist, verleiht ein Gefühl von Leichtigkeit, gibt neue Kraft für die nächste Runde im Alltag und bringt bei vielen Krankheiten den entscheidenden Impuls zur Heilung. Es lohnt sich also, Ayurveda zu nutzen und zu erleben und sich erst dann ein Bild von seinen Wirkungen zu machen. Bisherige Vorurteile werden sich alsbald in Vayu (Luft) auflösen.

 

 

 

 

 

Schwerpunkte des Ayurveda

Prävention und Gesundheitsförderung